2020/12/23

von Gunter Nittbaur

Weihnachten ist eine schöne Zeit. In diesem Jahr vielleicht nicht ganz so schön wie üblich, weil wir uns nicht wie in anderen Jahren in den Weihnachtsrummel stürzen können um dann anschließend auf dem Weihnachtsmarkt am Glühwein-Stand zu versacken. Weil wir mit der Familie nicht einfach in großer Runde feiern dürfen und stattdessen genau überlegen müssen, wie viele Menschen sich aus wie vielen unterschiedlichen Haushalten auf wie vielen Quadratmetern versammeln können und welche Weihnachtslieder die wenigsten Spucklaute im Text haben. Und weil wir auf das Skilaufen nach den Feiertagen wohl werden verzichten müssen, nicht weil die Schneedecke zu niedrig ist, sondern weil die Inzidenzen zu hoch sind. Trotzdem aber ist und bleibt Weihnachten eine schöne Zeit. Weil man sich alles wünschen kann was man will. Ob die Wünsche dann auch in Erfüllung gehen, ist natürlich eine andere Frage…

Nun sind ja Manager zumeist diejenigen, die eher andere beschenken als dass sie selbst beschenkt werden, zumindest im beruflichen Umfeld. Die Kunden werden mit innovativen Produkten beschenkt, die Öffentlichkeit mit geschliffenen Nachhaltigkeitsversprechen, die Mitarbeiter mit üppigen Tantiemen und die Investoren mit glänzenden Bilanzen. Nur die ganz oben an der Spitze, die gehen oft leer aus, zumal dieser Tage auch die schönste Aktienoption in einer „VUKA“-Welt schnell zur Makulatur werden kann.


Deshalb habe ich mich mal daran gemacht und aus meinen eigenen Erfahrungen und Erlebnissen als Berater eine Ideen-Sammlung für eine Manager-Weihnachts-Wunschliste für das Jahr 2021 erstellt. Nicht mit dem Anspruch auf Vollständigkeit oder universelle Gültigkeit. Sondern eher im Sinne von Anregungen und Impulsen, aus denen sich vielleicht sogar so etwas wie gute Vorsätze ableiten lassen. Damit, wenn an Neujahr um 00:00 alle Zähler auf Null gesetzt werden, nicht einfach „der ganze Wahnsinn wieder von vorne beginnt“. Damit die Führungskräfte und Mitarbeiter am Freitagnachmittag nicht „den ganzen Scheiß hinter sich lassen“ müssen, sondern sich schon wieder auf die nächste Arbeitswoche freuen können. Und damit alle Menschen im Unternehmen zumindest während einem Teil der rund 220 Arbeitstage des kommenden Jahres bei ihrer Arbeit so etwas wie echte Sinnstiftung erleben können.

Lieber Weihnachtsmann,

Ich wünsche mir, dass ich als Manager im kommenden Jahr mehr Zeit damit verbringen kann, um am System zu arbeiten als nur im System. Ich würde so gerne öfter mal durch den Wald spazieren oder über Berge wandern, um mich mit den wirklich wichtigen Fragen zur Zukunft unseres Unternehmens zu befassen. Ich möchte mich nicht mehr mit all dem Kleinzeug befassen müssen, auch wenn das ja viel einfacher ist und so schön ablenkt.

Ich wünsche mir mehr Fokus auf das Wesentliche. Mehr Konzentration auf Weniges. Und endlich auch mal den Mut, Dinge einfach nicht zu tun, auch wenn andere glauben, dass sie wahnsinnig wichtig seien. Denn wie hat schon der gute Peter Drucker gesagt: „Do first things first and second things not at all“.

Ich wünsche mir, dass ich meinen Mitarbeitern und Kollegen auch wirklich das Vertrauen entgegen bringen kann, das wir so prominent in unserem Leitbild verankert haben. Sie einfach machen lassen. Und nicht immer glauben zu müssen, dass ich selbst es natürlich viel besser oder schneller hinbekommen hätte.

Ich wünsche mir, dass wir uns im neuen Jahr mal Ziele setzen, die wirklich Spaß machen und alle motivieren. ROCE, EBITDA, OCF oder NPM machen vielleicht den Controller glücklich. Die meisten Mitarbeiter (und Führungskräfte!) aber finden in der Steigerung solcher Kennzahlen nicht wirklich die Quelle einer nachhaltiger Begeisterung.

Ich wünsche mir, dass wir bei uns im Unternehmen endlich mal eine Streitkultur entwickeln, die ihren Namen verdient. Ich wünsche mir, dass man mir die Meinung sagt, anstatt mit Dritten über mich zu reden. Dass wir den Dissens pflegen und solange um eine Lösung ringen bis wirklich auch alle dahinterstehen. Und dass niemand glaubt, dass meine Argumente nur deswegen besser sind, weil ich nun eben mal der Chef und damit nahezu unfehlbar bin.

Ich wünsche mir mehr Humor und Gelassenheit bei uns in der Firma. Auch wenn die Marktsituation schwierig ist, der Umsatz stagniert und die Margen erodieren, dürfen wir nicht immer alles so bierernst nehmen und uns von den vermeintlichen Bedürfnissen unserer Stake- Share- oder sonstiger Interest-Holder verrückt machen lassen.

Ich wünsche mir, dass wir endlich mal nach den wahren Ursachen unserer Probleme und Störungen suchen und nicht immer nur an den Symptomen herumdoktern. Denn schon der Kybernetiker Stafford Beer hat in einem seiner Bücher so treffend geschrieben: „Rather than to solve problems it is better to dissolve them“.

Ich wünsche mir, dass wir die kollektive Intelligenz nutzen, die wir im Haus haben. Wir bräuchten gar nicht so viel teure Experten von oben oder von außen, wenn wir einfach mal alle Kolleginnen und Kollegen nach ihren Ideen und Vorschlägen fragen würden, wie wir die Dinge besser machen können.

Ich wünsche mir, dass alles wieder ein bisschen einfacher wird. Dass wir aufhören, immer komplexere und kompliziertere Prozesse zu entwickeln, die wir dann nur mit einer noch komplexeren und komplizierteren Software wieder in den Griff bekommen können, deren Überwachung wiederum in einem umfassenden Prozesshandbuch beschrieben werden muss.

Ich wünsche mir, dass wir das mit der Nachhaltigkeit jetzt wirklich mal ernst nehmen. Und uns nicht nur damit befassen, wie wir ein bisschen klimaneutraler werden sondern uns auch ernsthaft die Frage stellen, ob all das was wir tun, die Menschheit wirklich braucht und die Welt zu einem besseren Ort macht.

Ich wünsche mir, dass wir weniger Aufmerksamkeit auf das ständige Planen verwenden, das Messen und Kontrollieren. Dass wir Entscheidungen spontaner und auch mal „aus dem Bauch heraus“ treffen. Und wieder mehr auf den Kunden schauen als nur auf die Sollzahlen.

Und ich wünsche mir mehr Zeit und Gelegenheit zum Feiern. Wenn wir uns schon so hohe Ziele setzen, dann müssen wir das auch gebührend würdigen können. Eine Woche lang. An einem schönen Ort. Und mit allen die mitgeholfen haben, diese Ziele zu erreichen.

Dein Manager