2021/04/20

von Dr. Markus Griesbeck

Meiner Beobachtung nach wird die Mächtigkeit und Wirksamkeit der finanziellen Führung nur von wenigen Führungskräften begriffen und verstanden. Es gibt Führungskräfte, die nicht die grundlegendsten Zusammenhänge, Begriffe und Inhalte des Finanzmanagements kennen[1]. Dagegen lässt sich festhalten: Liquidität, Profitabilität und Rentabilität – die drei Kernelemente der finanziellen Führung – bilden zusammen mit der Compliance wesentliche tragende Säulen für ein funktionierendes Management. Noch deutlicher gesprochen: Ohne ein tiefes und profundes Verständnis der finanziellen Führung sowie der relevantesten Themen der Compliance sind funktionierende Werkzeuge des Managements wirkungslos oder zumindest deutlich in ihrer Wirkung abgeschwächt. Hier ein kurzer Einblick, warum das so ist.

 

  1. Jegliches Handeln von Menschen und/oder Organisation führt fast zwangsläufig zu zahlungswirksamen Vorgängen. Liquidität bedeutet, zu jedem Zeitpunkt seinen finanziellen Verpflichtungen nachkommen zu können. Der beste Fall ist es, wenn die Höhe der Einzahlungen die Höhe der Auszahlungen überschreitet und man mittelfristig damit rechnen kann, einen positiven Zahlungsstrom generieren zu können. Das wirksamste und meistgenützte Instrument ist hierfür eine Liquiditätsplanung, die mindestens monatlich, besser noch wöchentlich und in manchen Fällen sogar täglich gemacht wird.[2]

  2. Mindestens einmal im Jahr sollte man ein Fazit ziehen und sich die Frage stellen, ob das, was man gemacht hat, profitabel war. Sprich: Hat man unter dem Strich bei all seinen Aktivität einen Gewinn gemacht hat (= Profitabilität). Die wichtige Frage dabei ist: Ist es gelungen, nicht nur kurzfristig Gewinn aus seinen Aktivitäten zu ziehen oder – was immer besser ist: Hat man die Grundlagen gelassen bzw. geschaffen, um auch zukünftig Gewinn machen zu können? Das bekannteste und wichtigste Instrument dafür ist die Deckungsbeitragsrechnung, also: Was bleibt an profitabler Deckung übrig nach Abzug aller (!) Kosten (inkl. Steuern, Abschreibungen, Zinsen, etc.). Eine Deckungsbeitragsrechnung sollte immer auf mehreren Ebenen möglich sein: Produkt-, Sortiments-, Projekt- und Segmentebene, um nur ein paar Dimensionsmöglichkeiten zu nennen.

  3. Langfristig nützen Liquidität und Profitabilität nichts, wenn das Handeln nicht auch eine Rentabilität Rentabilität meint eine Mindest-Verzinsung des eingesetzten Kapitals, unabhängig ob es sich um Eigen- oder Fremdkapital handelt. Jeder Kapitalgeber erwartet (zurecht!) – spätestens nach einem gewissen Zeitraum – eine angemessene (!) Verzinsung seines eingesetzten Kapitals. Die wichtigsten Instrumente für die Rentabilitätsbewertung sind Pre- und Post-Investitionsberechnungen sowie Rentabilitätsrechnungen auf Basis von Betriebswirtschaftlichen Auswertungen (auch als BWA bekannt oder Bilanzen. Insbesondere bei letzterem sollten aber die tatsächlichen bilanzpolitischen Hintergründe der Geschäftsführung möglichst transparent sein.

  4. Nur wenn alle drei Kerngebiete der finanziellen Führung, Liquidität, Profitabilität und Rentabilität gleichermaßen gemanagt werden, besteht die realistische Möglichkeit, auch zukünftig noch im Geschäft bleiben zu können. Anders gesprochen: Die finanzielle Führung mit ihren Kernelementen Liquidität, Profitabilität und Rentabilität bilden kurz- und/oder langfristig die Grundlage für heutige und zukünftige Erfolgspotentiale einer Organisation[3].

  5. Jegliche finanzielle Führung muss im Kontext der entsprechenden Compliance-Anforderungen stehen. Während früher die unausgesprochene Regel des ehrbaren Kaufmanns[4] galt und ausreichte, sind heute eine Vielzahl von ausgesprochenen Regeln, Normen und Gesetzen einzuhalten, um heute und morgen im Geschäft bleiben zu können. Insbesondere sind die Kernprozesse
    1. Purchase-to-Pay (P2P),
    2. Order-to-Cash (O2C),
    3. Trade-Compliance,
    4. Tax-Compliance,
    5. Fairer Wettbewerb
    6. sowie ggf. weitere unterstützende Compliance-Prozesse

im Blick zu behalten. Dabei geht es nicht nur um Haftungsfragen der Geschäftsführung. Vielmehr geht es um Redlichkeit, Rechtschaffenheit und die Beibehaltung eines guten Rufes bzw. Images im Geschäftsumfeld.[5] Das wichtigste Instrument für eine compliante Organisation ist ein Compliance-Managementsystem, das im Einklang bzw. in gemeinsamen Zusammenhang mit dem Risiko-Managementsystem regelmäßig bearbeitet wird.

Wer finanzielle Führung und Compliance als Geschäftsförderer und nicht als Verhinderer von Geschäft(en) sieht, wird mit diesem Rüstzeug seine Aufgaben und Werkzeuge als Manager wirksam(er) einsetzen können.

Und es gibt noch einen positiven Nebeneffekt. Man bleibt zukünftig auch im Geschäft, v.a. dann, wenn man regulatorische Vorgaben erfüllen muss, wie z. B. die Erhaltung des Status als „zugelassener Wirtschaftsbeteiligter“. Diese seit 2005 sich immer stärker durchsetzende, europäisch gewollte Status wird zukünftig massiv – neben vielen anderen Regularien – die wirtschaftliche Zusammenarbeit beeinflussen, was Motiv genug sein sollte, sich ernsthaft mit wirksamer finanzieller Führung und Compliance auseinanderzusetzen.

[1] und manche sind sogar stolz darauf. So meine Erfahrung aus über 15 Jahren Ausbildung und Training von Führungskräften unterschiedlichster Couleur.

[2] Cashflow- und Mittelflusssaldo-Berechnungen können auch hilfreich sein, aber meist ist das erst ab einer entsprechenden Unternehmensgröße entscheidend und erforderlich.

[3] Eine prägnante Zusammenfassung und weitere Informationen in: Griesbeck, Markus. Management. Die Essenz. Handelsblatt Fachmedien Verlag. 2019. S. 73-96.

[4] Vgl. z. B. den altehrwürdigen Kaufmannsspruch: „Ehr‘ is Dwang gnog“ (Ehre ist Zwang genug).

[5] Weiterführende Informationen in: Griesbeck, Markus. Management. Die Essenz. S. 53-72.